Was stellen digitale Medien mit uns an?

kribant   Kristine Trabant  IT-Consultant und Pädagogin

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Evolutionsgeschichtlich resilient

Der Mensch ist eine physiologische Frühgeburt und ein instinktreduziertes Wesen. Beides macht das junge Kind so vulnerabel und so uneingeschränkt abhängig von den Bedingungen die es umgeben und den sozialen Bedingungen in denen es agiert.

Beides ist aber auch die Voraussetzung für die Fähigkeiten und Kompetenzen die der Mensch entwickeln kann. Denn unsere Reflexe und unsere Fähigkeiten sind eben nur ganz basal festgelegt und nur Grundlegendes läuft nach vorgegebenen Mustern ab.

Alles weitere erlernen wir während eines nahezu zwei Jahrzehnte anhaltenden Reifungsprozesses, in dem der Mensch "es sich leistet" eine krisenanfällige Sensibilität aufrechtzuerhalten die auch Lernprozesse zulässt, welche an rasche und radikale Änderungen gekoppelt sind.

So haben menschliche Gemeinschaften zu allen Zeiten und unter unterschiedlichsten Bedingungen eine Fülle an geistigen, phantasievollen und über die irdische Existenz hinausweisenden Ausdrucksformen entwickelt und kulturspezifisch tradiert. Dazu gehören auch Werkzeugtechniken, Strategien zur Absicherung der Lebensgrundlagen und andere mehr. Es ist offensichtlich, dass die menschlichen Errungenschaften welche materiell sichtbare Formen annehmen uns in unserer hochtechnisierten und digital vernetzten Lebensweise präsenter sind, als jene Errungenschaften in der Menschheitsgeschichte, die in der psycho-sozialen Dimension wirken. Wie etwa Fähigkeiten zur innerpsychischen Bewältigung von Frustration oder zur sozialen Befriedung von Konflikten zwischen der Gemeinschaft und Ich-zentrierten Ansprüchen.

Seitdem wir Menschen Technologien entwickelt haben, welche es ermöglichen die Kopie einer Situation in bewegten Bildern und akustischen Signalen so wirklichkeitsgetreu zu erstellen und wiederzugeben, wie das seit Erfindung des Films möglich ist, seither befassen wir uns auch mit der Frage, welchen Einfluss diese neue Wahrnehmungsform auf unsere Entwicklung hat.

Mit Beginn des Computerzeitalters scheinen die technologischen Entwicklungsphasen immer dichter und rascher aufeinander zu folgen und uns in immer kürzerer Zeit qualitativ grundlegende Veränderungen zu bringen: In meiner Kindheit gab es in den meisten Haushalten einen Festnetzapparat und einen Fernseher. Als ich meine Ausbildung begonnen habe, war das Meinungsbild noch keineswegs zugunsten des Personal Computer entschieden: Wozu sollte in jedem Haushalt ein Computer stehen? Das Internet war gerade erst eine Verbindungsmöglichkeit für manche Universitäten geworden. Und seit der Jahrtausendwende nun, bündelt das Smartphone eine solche Fülle an großartigen Funktionen, dass ich eigentlich selbst staune, wie selbstverständlich mir dieser menschheitsgeschichtlich recht einzigartige Meilenstein geworden ist.

Mobile digitale Endgeräte

Ein Smartphone kann überall dabei sein. Und ist es meist auch. Es liegt in unserer Hand und erweitert unsere Kommunikationsmöglichkeiten und Handlungsoptionen in herausragender Weise. Um diese Möglichkeiten vollumfänglich nutzen zu können, also über eine geeignete Medienkompetenz zu verfügen, ist es nicht notwendig in frühen Entwicklungsphasen bereits mit dieser Technologie umgegangen zu sein und in ihr geschult worden zu sein. Die Kompetenzen aus dem auf Papier und Schrift basierenden Bildungssystem und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen sind vollkommen ausreichend.

Doch das entspricht nicht mehr unserer realen Umwelt. Für unsere Kinder gehören die mobilen Endgeräte so selbstverständlich zur Ausstattung wie Messer und Gabel. Was muss gute Medienpädagogik aber dann leisten, damit dieses evolutionsgeschichtlich und kulturell noch so neue Phänomen entwicklungsförderliche Wirkung entfaltet und wir entwicklungshindernde Wirkungen minimieren können?

In der frühen Kindheit ist es wichtig, den Einfluss digitaler Medienformate weitgehend zu beschränken. Das zieht nach sich, dass Eltern und Großeltern ihren Umgang mit mobilen digitalen Endgeräten gut reflektieren sollten, in Anwesenheit der Kleinsten: Was vermitteln wir den Nachahmungslernern? Hat das Kind meine ungeteilte Aufmerksamkeit? Je jünger die Kinder sind, desto enger müssen wir sie beim Umgang mit diesen Medien begleiten. Das junge Kind braucht keine digitalen Medien. Es braucht vielfältige Gelegenheit sich aktiv sinnlich und körperlich in der Welt in der wir atmen zu betätigen. Und begleitende Erwachsene die sich für seine Erlebniswelt interessieren und diese auch in Sprache bringen. Es ist schön, wenn Erwachsene reizvolle Impulse geben, aus dem großen Schatz menschlicher Kreativität.